epd 30.07.2024- von Dieter Sell Abenteuer im Zelt, Seelsorge am Meer
Im Sommer ist die Kirche auf Campingplätzen unterwegs
Sie stehen mit ihren Zelten mitten auf Campingplätzen und bekommen so mit, was die Menschen bewegt. Die Leute von "Kirche unterwegs" und ihre Angebote begeistern vor allem Familien. Oft wollen
Camper aber auch ihr Herz ausschütten.
Teamerin Natascha Dumova, Ehefrau von Pastor Löber, leitet auf dem kommunalen Campingplatz Achtern Diek in Otterndorf an der Nordseeküste viele Spiele an,
beispielsweise auch mit dem grossen Schwungtuch (Foto vom 23.07.2024). Sie stehen mit ihren Zelten auf Campingplätzen mitten zwischen den Wohnwagen und bekommen so mit, was die Menschen bewegt:
Die „Kirche unterwegs“ begeistert mit ihren Angeboten vor allem Familien. Oft wollen Camper aber auch ihr Herz ausschütten.
Otterndorf, Hooksiel (epd). Das Wetter könnte nicht besser sein. Nicht zu heiß, kein Regen und gelegentlich blinzelt die Sonne durch die Wolken. Für den Strand und den Badesee
gleich nebenan ist es an diesem Vormittag noch ein wenig zu kühl. Aber das Kirchenzelt auf dem Campingplatz an der Küste im niedersächsischen Otterndorf ist proppenvoll. Pastor Jochen Löber und
sein Team laden Kinder und Eltern zu einer abenteuerlichen Fantasietour ein: Im Boot geht es durch Sturm und über furchterregende Wellen.
„Wer hatte schon mal Angst?“, fragt der evangelische Theologe. Etliche Finger schnellen hoch. Von Höhenangst sprechen gleich mehrere Kinder. „Gewitter im Wald“, sagt ein Junge. Und: „Ich hatte
schon mal Angst, beim Kanufahren umzukippen.“ Was man dagegen tun könne, möchte Pastor Löber wissen. „Ein Lied singen“, schlägt ein Mädchen vor. Andere würden um Hilfe rufen oder beten. Das Zelt
einigt sich auf ein Lied, mit dem die Camper-Seelsorge im nächsten Moment weithin auf dem Platz zu hören ist.
Mal so richtig die Seele baumeln lassen: Für viele Menschen ist der Urlaub die wichtigste Zeit im Jahr. Die Evangelische Kirche ist auch an zahlreichen Urlaubsorten im In- und Ausland für Sie da.
Mit Gottesdiensten an stimmungsvollen Orten, mit Aktivitäten für die ganze Familie, mit Vorträgen, Führungen und Konzerten. Und mit Seelsorgerinnen und Seelsorgern, die ein offenes Ohr haben für
alles, was einem im Urlaub so durch den Kopf geht.
Wie in Otterndorf haben jetzt im Hochsommer auf vielen Campingplätzen und in Urlaubsorten Teams unter der Überschrift „Kirche unterwegs“ ihre Zelte aufgeschlagen: von der Ostsee bis nach Venedig,
von der Nordseeküste über die Lüneburger Heide bis zum Chiemsee in den bayerischen Voralpen. „Unser Motto ist: Bei den Menschen sein“, so beschreibt es Jochen Löber, der in diesem Moment gerade
von Kindern umwuselt wird. Aus Korken, Moosgummi, Zahnstochern und Gummibändern basteln sie kleine Boote.
Es gibt aber nicht nur Bastelaktionen. Wichtig sind auch die Gespräche, die quasi zwischen Tür und Angel laufen: neben dem Waschhaus, beim Abwasch oder am Strand. Daraus wird nicht selten eine
Kurzseelsorge, die bei Bedarf vertieft werden kann. „Wir haben Zeit, das ist wichtig“, sagt die Cuxhavener Urlauberseelsorgerin Maike Selmayr, die dafür gesorgt hat, dass in diesem Jahr wieder
ein Kirchenzelt in Otterndorf stehen kann.
Seelsorge mit Meerblick: Gerade im Urlaub kann die freie Zeit schwere Gedanken an die Oberfläche spülen, solche, die offen daliegen und andere, die verdrängt worden sind. „Da geht es um
Trennungen, um die Krebserkrankung, um den Jobverlust“, berichtet der Oldenburger Diakon Volker Pickrun. Er organisiert seit vielen Jahren die „Kirche unterwegs“ im ostfriesischen Küstenbadeort
Hooksiel und gar nicht weit davon entfernt in Schillig.
Bei den Kindern im Otterndorfer Camp steht aber gerade der Spaß vornean. „Spiele spielen, basteln, die Gute-Nacht-Geschichte am Abend - ich mag das alles“, schwärmt die zehnjährige Klara, die
zusammen mit ihrem fünfjährigen Bruder Finn zu den Stammgästen im Kirchenzelt gehört. Und stürmt im nächsten Moment raus, weil Teamerin Natascha Dumova, Ehefrau von Pastor Löber, das große runde
Schwungtuch ausgepackt hat.
Allerdings ist es in den zurückliegenden Jahren immer schwieriger geworden, Ehrenamtliche für die Arbeit von „Kirche unterwegs“ zu finden. Manches Camp kam darum in diesem Jahr gar nicht erst
zustande. Maike Selmayr ist froh, dass in Otterndorf die Freiwillige Feuerwehr das Zelt aufgebaut hat und Löber aus Kassel an die Küste gekommen ist. Aus seiner kirchlichen Flüchtlingsarbeit hat
er gleich ein knapp 20-köpfiges Team mitgebracht - Frauen und Männer aus der Ukraine: „Wenn wir Unterstützung brauchen, schreiben wir eine WhatsApp an die Ukrainer, dann melden sich immer Leute.“
„Die Nachfrage ist da“, sagt Maike Selmayr mit Blick auf die Campingplatz-Seelsorge. „Besonders wenn das Wetter mal nicht so gut ist, finden die Kinder hier immer ein gutes Angebot, dann ist
Hochbetrieb im Zelt. Die Eltern wissen, dass ihre Kinder Spaß haben und gut betreut werden und haben ein paar Stunden für sich.“
Besonders beliebt und ein echter Klassiker sind die Gute-Nacht-Geschichten zum Tagesabschluss im Kirchenzelt. Dann heißt es: Ohne Trubel zur Ruhe kommen. Aber auch das Stockbrot am Lagerfeuer,
Grillabende und Camper-Gottesdienste begeistern die Gäste.
„Da öffnen sich Tore und Herzen“, bringt es Diakon Volker Pickrun auf den Punkt. Und was denken die Kinder selber? Das ist unüberhörbar, als Jochen Löber den Zeltvormittag rund um Wasser, Boote,
Ängste und Vertrauen beschließt und sagt, er hoffe, alle hätten ihren Spaß gehabt. Ein langgezogenes „Jaaaa“ schallt ihm entgegen. Und der Pastor verspricht: „Morgen geht es weiter.“
Paradies und Segenszelt
Kirchliche Urlauberseelsorge lädt zum "Runterfahren und
Auftanken"
24. Juli 2023 - von Dieter Sell (epd) - Text und Bild
Urlaub - mal die Seele baumeln lassen. Dabei unterstützt die
evangelische Kirche mit Angeboten in Ferienregionen: Andacht auf dem Berg, Seelsorge im Strandkorb, Pilgerweg ins "Paradies". Die Gute-Nacht-Geschichte in Cuxhaven ist schon ein
Klassiker.
Cuxhaven (epd). Draußen sind die Schreie der Möwen zu hören, die in der
Abendsonne über dem Wasser und den Straßen im Ort ihre Kreise ziehen. Drinnen füllen sich langsam die Stühle der Urlauberkapelle, gar nicht weit vom Nordsee-Strand in Cuxhaven-Duhnen entfernt.
Kinder, Eltern, Großeltern nehmen Platz, dann ein Gongschlag: Jetzt geht sie los, die Gute-Nacht-Geschichte. Kurpastor Karl Asbrock und seine Frau Beate haben eine Tierfabel mitgebracht, die sie
im Stil eines Bilderbuchkinos erzählen.
Man könnte eine Stecknadel fallen hören, so konzentriert folgt das
buntgemischte Publikum der Geschichte. Ab und zu gibt es einen staunenden Kommentar von den Kindern, die sich vor den Altar gehockt haben, um gut hören und sehen zu können. "Das ist so ein
wunderbarer Tagesabschluss", schwärmt Daniela Sander, die aus Bochum zum Urlaub nach Cuxhaven in Deutschlands größtes Nordseeheilbad gekommen ist. "Ich habe die Gute-Nacht-Geschichten hier schon
erlebt, als ich selbst noch ein Kind war", erinnert sich die 44-jährige Mutter. Jetzt ist sie mit ihren Töchtern Jördis (4) und Jannike (6) hier.
"Die Gute-Nacht-Geschichte ist der Klassiker, die gibt es schon seit
Jahrzehnten", berichtet Asbrock, der sich mit seiner Frau ehrenamtlich für die Urlauberseelsorge engagiert. "Es geht um Geschichten aus dem Leben der Kinder, um Singen und Beten in der
Gemeinschaft und am Ende um einen Segen, den alle mit nach Hause bekommen." Der Segen, betont Asbrock, sei vielen Besucherinnen und Besuchern besonders wichtig: "Die Menschen brauchen diese
göttliche Nabelschnur."
Die Kapelle in Cuxhaven-Duhnen ist einzigartig, nirgendwo sonst an der
Nordseeküste gibt es eine evangelische Urlauberkirche. Hier und in der Region organisiert Urlauberpastorin Maike Selmayr ein Programm, das den Gästen die Möglichkeit geben will, alle Last
loszulassen, den Kopf freizumachen. "Die Leute kommen aus einem total vollgestopften Alltag", hat die Seelsorgerin beobachtet. "Hier können sie Stille erfahren, rauskommen aus der Gedankenmühle,
sie können runterfahren und auftanken."
Die Titel ihrer Angebote sind in dieser Hinsicht Programm: "Ruhig
werden mit Musik", "Kraftquelle in Wort und Ton", Andachten unter der Überschrift "Wegzehrung". Regelmäßig führt sie in die Meditation ein, feiert vor der Nordsee-Kulisse Gottesdienste unter
freiem Himmel, traut und tauft am Strand, das Salzwasser an den Füßen, die Meeresbrise im Haar.
Weiter westlich an der Küste organisieren Kolleginnen und Kollegen
Andachten auf einem fahrenden Kutter, spirituelle Strandspaziergänge, werden Seelsorge-Strandkörbe geöffnet. Auch in anderen Touristik-Regionen gibt es jetzt Programme der Urlauberseelsorge:
Berggottesdienste, Konzerte, Kino und Zelt-Gottesdienste. Selbst im europäischen Ausland ist die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in touristischen Hotspots präsent, in diesem Jahr mit
mehr als 100 Pfarrerinnen und Pfarrern beispielsweise in Italien, Österreich und den Niederlanden.
"Der Urlaub bietet die Chance, aus dem beruflichen und privaten Alltag
rauszukommen", sagt ein EKD-Sprecher. Manchmal schenke der Ortswechsel und das Ausbrechen aus den engen Strukturen die Freiheit, sich mit den großen Themen des Lebens zu beschäftigen: "Und dann
bietet die Anonymität im Urlaubsort auch die Chance, offen über Anliegen zu sprechen, die man mit dem Ortspfarrer zu Hause möglicherweise nicht besprechen würde."
Das erfährt auch Maike Selmayr in ihrer Arbeit und nimmt es mit einem
kleinen Pilgerweg auf: etwa vier Kilometer mit zehn Stationen, die ins Duhner "Paradies" führen, einer ehemaligen Streuobstwiese. Versteckt, ja geradezu verwunschen, weit weg vom Getümmel. Auf
dem Weg überlegen die Pilgernden, was sie in Bewegung bringt, wo sie Halt und Zuversicht finden, wo sie in ihrem Leben ankommen möchten.
Conny Krispin aus Wiesbaden ist mitgegangen. "Das ist Erholung für Leib
und Seele", sagt die Sängerin, die oft nach Cuxhaven kommt, auch wegen der Urlauberseelsorge: "Das sind Angebote, die mir neue Impulse geben, Trost und Halt." Regelmäßig fällt ihr der Abschied
aus Cuxhaven schwer: "Ich mag dann gar nicht weg."
Auch für sie ist die Urlauberkapelle ein wichtiger Ort. Überhaupt
kommen viele Gäste zu Beginn ihres Urlaubs in die kleine Kirche und zünden eine Kerze nach einer guten Anreise an, am Ende des Urlaubs nicht selten verbunden mit einem Dank für eine erholsame
Zeit. "Ein Ort der Ruhe und Einkehr im Trubel dieser verrückten Zeit, in der die Welt aus den Fugen gerät", hat ein Urlauber aus dem niedersächsischen Hildesheim im Gästebuch
notiert.
Emotional wird es auch am Ende der Gute-Nacht-Geschichte. Beate und
Karl Asbrock bitten alle Kinder nach vorn, hinter ihnen stellen sich Eltern und Großeltern auf, strecken die Arme zum symbolischen Segenszelt nach vorn. "Segnen kann jeder Christ, das sollten wir
viel öfter tun", rät der Pastor. Dann löst sich die kleine Urlaubergemeinde langsam auf. "Es war schön", sagt Daniela Sander. Und schickt hinterher: "Wir kommen wieder."
Cuxhavener Nachrichten 23.12.21
Hier finden Sie den Link zum Video vom Einweihungsgottesdienst am 19.12.2021 (2 Stunden 10 Minuten) mit allen
Grußworten:
Urlauberkapelle in Cuxhaven nach Umbau erneut eingeweiht
Cuxhaven (epd 20.12.2021). Nach grundlegenden Umbauten ist die evangelische Urlauberkapelle im größten Nordseeheilbad Cuxhaven-Duhnen am Sonntag wieder
eingeweiht worden. In den vergangenen Monaten sei die Kapelle für mehr als eine Million Euro zeitgemäß saniert und erweitert worden, sagte Urlauberpastorin Maike Selmayr dem Evangelischen
Pressedienst (epd). Gut die Hälfte der Kosten werde durch Spenden von Gästen aufgebracht. Ihr zufolge ist die frühere Scheune aus dem Jahr 1860 die einzige Kapelle bundesweit, die eigens
für die Urlauberseelsorge ihre Tore öffnet.
Der Stader Regionalbischof Hans Christian Brandy würdigte in seiner Einweihungspredigt die Bedeutung der Urlauberseelsorge. Menschen in den Ferien hätten
Zeit und Abstand zum Alltag. „Da wächst bei vielen eine große Sehnsucht nach Ruhe, nach Besinnung, nach Gesprächen und Klärungen - und auch nach Gott.“ Vielen Zeitgenossen sei der
christliche Glaube fremd geworden. „So wird es für die Kirche der Zukunft nötig sein, auch neue Orte zu finden, an denen Menschen erreicht werden können.“ Deshalb sei die Kapelle so oft
voll.
Auch wenn die Kapelle keine normale Ortskirche sei, habe sich über die Jahre eine Art „Stammgemeinde“ entwickelt, die die Kapelle in der Ortsmitte regelmäßig
besuchen, sagte Selmayr. Die Zusammensetzung sei sehr gemischt: Neben evangelischen Christen säßen bei den Andachten und sonstigen Angeboten Katholiken und Konfessionslose aus dem ganzen
Bundesgebiet - „gelegentlich auch Menschen anderer Religionen“.
Mit dem Umbau soll es nun einen offenen Meditationsraum geben. Selmayr selbst will dort zwei Mal wöchentlich eine christliche Meditation anbieten. Willkommen
sei jedoch auch jede und jeder, der oder die in dem stillen Raum meditieren wolle. Außerdem gebe es nun ein Zimmer, in dem vertrauliche seelsorgerische Gespräche geführt werden
können.
Unterstützt wird die Seelsorgerin von wechselnden Kurpastoren, Lektoren und Prädikanten. Dadurch sei es möglich, den Besuchern jährlich bis zu 800 Angebote
zu machen. Dazu kämen noch viele Freiluftaktionen wie Strandgottesdienste und -taufen.
epd lnb jön jul
Pressemitteilung des Sprengels Stade 6.05.21 von Sonja Domröse
Grundsteinlegung für den Anbau der Duhner Urlaubskapelle:
Regionalbischof Brandy gibt Startschuss für Erweiterungsbau
Mehr Raum für Angebote im größten Nordseeheilbad
Hans Christian Brandy, Regionalbischof für den Sprengel Stade, legt den Grundstein für den Erweiterungsbau der Urlauberkapelle in Cuxhaven-Duhnen. Foto: Joachim Tonn
Mit einer Andacht bei Sturm und Regen legte der Stader Regionalbischof Hans Christan Brandy gemeinsam mit weiteren Akteuren den Grundstein für die Erweiterung der Duhner
Urlaubskapelle. Coronakonform feierten 40 geladene Gäste mit, unter ihnen Superintendent Jörg Meyer-Möllmann und Urlauberseelsorgerin Maike Selmayr aus dem Kirchenkreis
Cuxhaven-Hadeln.
In seiner Andacht betonte Brandy, wie wichtig ein guter Grund für jeden Bau sei. „Das Wetter tut uns den Gefallen, deutlich zu machen, wie wichtig ein festes Fundament
ist. Es ist für mich persönlich eine große Freude, dass wir heute diesen förmlichen Startschuss geben können für die Sanierung und die Erweiterung der Urlauberkapelle mit
ihrem Anbau. Dieses Haus soll ein Gebäude sein, in dem Menschen über den festen Grund in ihrem Leben nachdenken können. Hier entsteht dadurch immer wieder neu ‚Gemeinde auf
Zeit‘. Das ist eine wichtige Form kirchlichen Lebens.“
Der leitende Geistliche dankte allen, die das Projekt geplant, finanziert und befördert hätten. Bis zum Jahresende soll ein ebenerdiger Anbau entstehen, dafür sind 950.000
Euro veranschlagt. Motor dieses Vorhabens und der weiterhin notwendigen Spendenakquise, so Brandy, sei und bleibe Urlauberpastorin Maike Selmayr. Er dankte der
Seelsorgerin für ihre Energie und Beharrlichkeit. „Dieses Gebäude soll lange Bestand haben, zum Wohle der Menschen und zur Ehre Gottes. Dafür legen wir heute den
Grundstein.“
Maike Selmayr ist es wichtig, dass mit dem Erweiterungsbau weitere Angebote an Urlauberinnen und Urlauber realisiert werden. „Wir bekommen mehr Platz für die
Gottesdienstgemeinde, einen geschützten Raum für die Seelsorge und alles ist barrierefrei zu erreichen.“ Die Kapelle sei ein „Magnet für Touristen“ und ein viel besuchter
Raum der Ruhe.
Freude bei Urlauberpastorin Maike Selmayr: Der Grundstein ist gelegt. Foto: Joachim Tonn
Besonders freut sich die Pastorin, dass ab Himmelfahrt das Angebot der Urlauberseelsorge wieder stattfindet. „Während der Bauarbeiten feiern wir Gottesdienste im 'Café Windjammer', die
Wochentagsandachten in der Manfred-Pelka-Grundschule.“
Erbaut wurde die Kapelle am Duhner Dohrmannsplatz um 1860. Im Inneren erinnert sie an eine Bauerndiele. Mit jährlich rund 3,8 Millionen Übernachtungen zählt Cuxhaven zu den meistbesuchten
Urlaubsregionen an der Küste.
Evangelischer Pressedienst 3.05.2021 von Dieter Sell:
Urlauberkapelle im Nordseeheilbad Cuxhaven wird erweitert
Mehr Raum für Angebote im größten Nordseeheilbad
Cuxhaven (epd). Die evangelische Urlauberseelsorge erweitert ihre Kapelle im größten Nordseeheilbad Cuxhaven. Mit einem Investitionsvolumen von rund 950.000 Euro entstehe barrierefrei ein
ebenerdiger Anbau, sagte Urlauberseelsorgerin Maike Selmayr am Donnerstag dem epd. „Damit können wir mehr Angebote machen und bekommen einen geschützten Raum für die Seelsorge“, betonte die
Theologin, die seit August 2013 in Cuxhaven arbeitet. Die Kapelle im Ortsteil Duhnen wurde 1860 als Scheune erbaut, der Gottesdienstraum erinnert an eine Bauerndiele. Der Strand ist nur ein paar
Schritte entfernt.
Mit jährlich rund 3,8 Millionen Übernachtungen zählt Cuxhaven in Zeiten ohne Corona zu den touristischen Hotspots an der Küste. „Die Kapelle ist ein Magnet für Touristen“, hat die evangelische
Urlauberseelsorgerin Maike Selmayr erfahren. „Draußen tobt das Leben, drinnen öffnet sich ein Ruheraum.“ An der Erweiterung beteiligen sich ihren Angaben zufolge die hannoversche Landeskirche
sowie Kirchenkreis und -gemeinde vor Ort. 220.000 Euro seien durch Spenden und Fundraising zusammengekommen. 250.000 Euro strecke der Kirchenkreis zinslos vor. „Da sammeln wir weiterhin Spenden.“
Ohne Corona kommen laut Selmayr - Motor des Erweiterungsprojektes - durchschnittlich 10.000 Tagesgäste nach Cuxhaven. "Alleine die evangelische Urlauberseelsorge organisiere dann in der Kapelle
bis zu 600 Angebote, dazu kämen noch viele Freiluftaktionen wie Strandgottesdienste und -taufen. Unterstützt wird Selmayr von Kurpastoren, Lektoren und Prädikanten. Derzeit laufen viele Angebote
online.
„Wenn im Urlaub der Alltag in den Hintergrund rückt, bleibt Zeit zum Nachdenken, die Gedanken kreisen“, hat Selmayr erfahren. „Dann können Dankbarkeit hochkommen, aber auch Trauer, Ängste und
Sorgen - die Kapelle ist der richtige Ort, dies alles vor Gott zu bringen.“
Zu den entschiedenen Unterstützern der Erweiterung zählt der Stader Regionalbischof Hans Christian Brandy. In ihrer freien Zeit ließen sich viele Menschen von kirchlichen Angeboten intensiv
ansprechen, sagte der leitende evangelische Theologe dem epd. „Hier kommen oft Menschen, die in ihren Heimatgemeinden nicht mehr verwurzelt sind. Oder die im Urlaub einfach Zeit und Muße haben,
sich mit wichtigen Fragen zu beschäftigen.“
Nach langer Vorbereitung beginnen die Bauarbeiten bei der Urlauberseelsorge in Cuxhaven
Es fing an mit Plänen für ein neues Dach, dann wurde daraus ein Großprojekt: Bei der Urlauberseelsorge in
Cuxhaven starten die Bauarbeiten – dank der Hartnäckigkeit der Urlauberpastorin.
Cuxhaven. In diesen Tagen beginnen in Cuxhaven die Abrissarbeiten an der Urlauberkapelle im Ortsteil
Duhnen. Nach Jahren der Planung und der Spendenakquise kann mit der Sanierung und dem Neubau endlich begonnen werden. Die vordere Kapelle, der ehemalige Stall, bleibt stehen, und damit wird auch
das äußere prägnante Erscheinungsbild erhalten beiben. Der hintere Gebäudeteil, der frühere Wohntrakt des Gesindes, wird hinter dem Altarraum abgerissen und durch einen neuen Anbau zum Garten hin
ersetzt. Dabei hatte alles eigentlich nur mit dem Dach angefangen.
Es war ein Zeichen von oben: Im Herbst 2015 fegte ein Sturm über Cuxhaven. Als sich der Wind gelegt hatte, überbrachte ein
Schornsteinfeger eine schlechte Nachricht: Das Dach der Kapelle, das schon vorher marode war, musste nun endlich saniert werden. Für Maike Selmayr, die seit August 2013 Urlauberseelsorgerin an
der Kapelle im Ortsteil Duhnen ist, begann damit ein „großes Abenteuer“. Denn bald war klar, dass es nicht bei der Dachsanierung bleiben sollte.
Schon lange Zeit standen Arbeiten in der ehemaligen Scheune an. Vor allem der hintere Bereich des Gebäudes, das 1860 erbaut
wurde, war sanierungsbedürftig. Doch wie sollte das alles finanziert werden? Das Dach bekam eine Notsicherung. Und Selmayr begann mit der Planung und dem Fundraising.
Die Finanzierung der Urlauberseelsorge ist immer ein betriebswirtschaftlich fragiles Unterfangen. Die jährlichen Sachkosten
kommen durch Spenden und Kollekten zusammen. Ein Kerzenschiff bringt weiteres Geld in die Kasse. Selmayr ist nicht nur Pastorin, sondern auch Diplomkauffrau und hat einen Magister in
Kulturwissenschaften. Diese Kombination sei „wie gemacht für die Stelle“, sagt sie selbst. Sie kennt sich mit dem Einwerben von Mitteln aus und hatte ein neues Konzept für die Urlauberseelsorge
erstellt.
Doch die Sanierung, die mit rund 950.000 Euro veranschlagt wurde, ist ein Großprojekt. Selmayr, die vor Cuxhaven Pilgerpastorin
im Kloster Loccum war, beantwortete sich die Frage, ob sie diese Aufgabe bewältigen könnte, ob dies ihr Auftrag sei und sie diesen Weg gehen wolle, auf ihre eigene Art. „Das Sanierungsprojekt ist
wie ein großer Pilgerweg“, sagt die 47-Jährige und so machte sie sich im Herbst 2016 ganz wörtlich auf den Weg. Nach 320 Kilometern und zweieinhalb Wochen Wanderung von Assisi nach Rom und nach
vielen Höhen und Tiefen auf der Strecke wusste Selmayr: Es wird hart, aber mit Gottes Hilfe ist es machbar.
Der Baustart zeigt: Selmayrs Hartnäckigkeit hat sich gelohnt:
Die Landeskirche gibt 367.000 Euro dazu, aus dem Kirchenkreis als dem Bauträger kommen 100.000 Euro und die Eigentümergemeinde
St. Gertrud im Ortsteil Duhnen unterstützt mit 10.000 Euro. Durch Spenden und Fundraising hat die Urlauberseelsorge bereits 220.000 Euro erwirtschaftet. Die noch fehlenden 250.000 Euro streckt
der Kirchenkreis zinslos vor. Die Urlauberseelsorge wird das Geld über Spendenakquise einbringen und zurückzahlen.
Passend zum Baubeginn spendete Landesbischof Ralf Meister den Segen zu dem Projekt und für alle Beteiligten. Er überreichte im
Rahmen seiner landeskirchenweiten Aktion vor Ort Osterkerzen und damit ein weiteres Hoffnungszeichen.
Das neue Gebäude bekommt eine Sanitäranlage und eine Küchenzeile. In Zukunft wird der hintere Teil der Kapelle abtrennbar sein.
So können bei gleichzeitiger Öffnung der Kapelle für Besucher auch Vorträge oder Meditationen in dem Erweiterungsraum stattfinden. Der Weltladen soll in den hinteren Teil zum Garten hin
einziehen.
Cuxhaven ist das größte Nordseeheilbad Deutschlands mit durchschnittlich 10.000 Gästen pro Tag. In normalen Zeiten bietet die
Urlauberseelsorge Cuxhaven-Hadeln, die mitten im Zentrum des Kurgebietes angesiedelt ist, bis zu 800 Veranstaltungen im Jahr an. Selmayr bekommt dafür Unterstützung von Kurpastoren, Lektoren und
Prädikanten.
Viele Angebote laufen zurzeit online – so die regelmäßigen Onlinegottesdienste, Andachten und Podcasts für Kinder und Erwachsene.
Sobald die Touristen wieder kommen dürfen, wird Selmayr mit der Seelsorge in einen Klassenraum der Grundschule ziehen. Im Kursaal sollen Gottesdienste und Musikveranstaltungen stattfinden. Auch
die Gute-Nacht-Geschichte, die seit den 1970er Jahren in der Ferienzeit immer dienstags bis freitags um 18 Uhr Kinder und ihre Eltern oder Großeltern auf den Abend einstimmt, wird dann wieder
vorgelesen. Selmayr freut sich darauf. Das Konzept der Gemeinde auf Zeit und der Kirche an anderem Ort sei für sie genau das Richtige. Und ganz zufrieden wird sie sein, wenn die Kapelle wieder
ihre Tore öffnet. Die Pastorin hofft, zu Weihnachten in der Kapelle feiern zu können.
Auf der
Homepagewww.urlauberseelsorge-cuxhaven.netsind unter anderem Podcasts und
Informationen über das Bauprojekt eingestellt. Auch ein Video über den Besuch des Landesbischofs Ralf
Cuxhavener Nachrichten 27.02.2021
Cuxhavener Nachrichten & Niederelebezeitung am 26.07.2020
Dankbarkeit und eine Prise Demut
Urlaub in Coronazeiten
Sonntagsbetrachtung von Pastorin Maike Selmayr, Cuxhaven
Beim Abendspaziergang sehe ich eine Urlauberfamilie auf einer Bank sitzen. Das Mädchen streut dem Vater Rosenblätter über den Kopf und ruft: „Herzlichen
Glückwunsch!“. Ich frage: „Wer hat denn Geburtstag?“ Das Mädchen lacht: „Niemand. Wir feiern nur ein bisschen und freuen uns auf den Abend.“ Ich freue mich mit und sage: „Jeder Tag ist ein
Geschenk!“ Die Eltern nicken und wir spüren, diese Sommerferien fühlen sich anders an als sonst. Vieles, was bisher selbstverständlich war, wissen Einheimische und Urlauber neu zu schätzen, auch
einander. Nach dem Schock eines leergefegten Landkreises in den Osterferien macht sich nun Dankbarkeit breit: Die Urlauber sind wieder da, zwar auf Abstand, aber mehr denn je! Die Küste ist die
willkommene Alternative zum Auslandsurlaub. So erzählen es mir Feriengäste von nebenan, die ich in strömendem Regen zum Helgolandkai fahre. „Wir sind begeistert von Cuxhaven und werden
wiederkommen!“, sagen sie durch ihren Mundschutz .„Erstaunlich!“, denke ich, „und das bei dem Wetter!“ Am nächsten Tag liegt ein Dankeschön von ihnen vor meiner Tür für die Regenrettung. Wie
nett! Ich selber habe meinen Urlaub wegen Corona abgesagt. Umso mehr genieße ich es, da zu leben, wo andere Urlaub machen. Beim Spaziergang komme ich an der Urlauberkapelle in Duhnen vorbei.
Seltsam still ist es dort ohne Veranstaltungen. Sie ist einfach zu klein. Zwei Stunden können wir sie an sechs Tagen zum Gebet öffnen unter Aufsicht der Kurpastoren aus ganz Deutschland. „Ein
Dienst, der zur Demut erzieht“, sagt ein Kollege beim Abschied. „Mehr als einen Segenswunsch kann ich den Besuchern nicht mitgeben.“ Ich danke ihm sehr für seinen Mut, den Dienst in Coronazeiten
anzutreten. Ja, gerade wenn ich an meine Kollegen denke in diesen Wochen, spüre ich große Dankbarkeit. Wir Pastoren haben uns neu erlebt mit Gaben und Grenzen, haben einander geholfen und waren
nicht zu stolz, um diese Hilfe zu bitten. An der Kugelbake sehe ich zum Steubenhöft hinüber und erinnere mich, wie dort „Mein Schiff 3“ lag bei täglich steigenden Infektionszahlen. Nun liegt dort
„Europa 2“, macht sich zur Ausfahrt bereit und wir haben schon viele Tage eine Infektionsquote von 0,0 im Landkreis. Ich atme tief durch und summe leise vor mich hin: „Danket, danket dem Herrn,
denn er ist so freundlich, seine Güt‘ und Wahrheit, währet ewiglich.“
Cux-Kurier am Sonntag 7. Juni 2020 von Maike Bruns
Corona trifft auch die Urlauberseelsorge
Einen
Einblick in den Pfingstgottesdienst mit Pastorin Maike Selmayr und Pastor Marcus Christ im Pfarrgarten der Martinsgemeinde, Vorwerk, ist auf https://youtu.be/0yN57M_Rh4g zu sehen. Foto: Bruns
Cuxhaven.Corona bedeutet nicht nur Ausfall und Abstand, sondern auch Zusammenschluss und Organisation. Gerade letzteres hat in
Cuxhaven besonders die Pastorin der evangelischenUrlauberseelsorge Cuxhaven-Hadeln feststellen dürfen.
Denn Maike Selmayr war gerade mit den letzten Schritten der knapp ein Jahr dauernden Planung der Saison 2020 fertig, als der Shutdown all ihre Pläne über den Haufen warf.
Denn gerade das Veranstaltungsverbot in Zusammenhang mit den neuen Abstandsregelungen traf die über 1.000
Veranstaltungen der Urlauberseelsorge. Denn hierfür ist die Duhner Kapelle schlicht zu klein. Somit mussten all die dort geplanten Gottesdienste, Konzerte und Treffen abgesagt werden. Hieran
knüpften sich auch die Absprachen mit den betroffenen Kurpastoren, die für die Urlauberseelsorge der Saison 2020 angereist wären. Auch in finanzieller Hinsicht waren einige organisatorische
Kniffe notwendig: „Das Programm für den Sommer war geplant, vorbereitet und auch in druckreifer Form erstellt. Mit dem Shutdown konnten 5.000 gedruckte Exemplare nicht mehr verwendet werden“,
erläutert Maike Selmayr, „das trifft die Ev. Urlauberseelsorge Cuxhaven-Hadeln besonders, da wir uns hauptsächlich durch Zuschüsse und Spenden finanzieren.“ Gleichzeitig fand gerade Maike Selmayr
neue Wege, um mit Urlaubern und Einheimischen im Kontakt zu bleiben: „Es gibt täglich Andachten von mir als Podcast, einzelne Gottesdienste sind als Videos auf unserer Homepage www.urlauberseelsorge-cuxhaven.net abrufbar. Für die kleinen Gemeindemitglieder gibt es dort Geschichten von und an Tommy und Feli, zwei bei
Urlauberkindern beliebte Handpuppen. Diese fiktiven Urlauberkinder grüße ich aus Cuxhaven, weil sie wegen der Reisebschränkungen nicht anreisen konnten. Seelsorge findet nach Vereinbarung derzeit
telefonisch oder per Video am PC statt, ohne zeitliche Begrenzung und genauso frei wie im direkten Kontakt.“
Zusammenhalt erfuhr Maike Selmayr auch unter ihren Kollegen innerhalb der evangelischen Innenstadtgemeinden Cuxhavens. So besteht ab Sonntag, 05. Juli 2020, für sie und die Kurpastoren die
Möglichkeit, zusätzliche Gottesdienste sonntags um 17 Uhr in der St. Petri-Kirche im Strichweg abzuhalten. Hier haben 52 Personen Zutritt, die bitte auf Mund-Nasen-Schutz und die üblichen
Hygiene- und Gesundheitsregeln achten. Grundsätzlich werden sonntags um 10 Uhr Gottesdienste in der St. Petri-Kirche und im Pfarrgarten der Martinsgemeinde, Vorwerk neben Gärtnerei Wessel,
abgehalten. „Vorherige Anmeldung ist glücklicherweise noch nicht von Nöten, wohl aber das Führen von Teilnehmerlisten. Für uns als kleines Team von Haupt- und Ehrenamtlichen der Urlauberseelsorge
bedeuten die neuen Regeln einen erheblichen Mehraufwand. Aber diesen leisten wir gerne, denn es geht um einen verantwortungsvollen Umgang mit den Gottesdienstbesuchern, unseren Familien und
Freunden und eben auch mit uns. Die liebevolle Auseinandersetzung untereinander soll nicht leiden, aber auch nicht gefährden und be- und verhindern“, erklärt die findige Pastorin. Denn sie gehört
selbst zur Risikogruppe, hat im Zweifel keine direkte Vertretung und möchte ihre mit ihm Haus lebenden Eltern ebenfalls nicht gefährden: „Es ist organisatorisch, seelsorgerlich und manchmal eben
auch menschlich anspruchsvoll, auf Abstand zu bleiben. Es bedarf verantwortungsvoller Absprachen untereinander und achtsamer Blicke auf die verschiedenen Möglichkeiten, um kirchliches Leben unter
Coronabedingungen zu ermöglichen.“
So ist es derzeit nur zwei Stunden pro Woche möglich (Sonntag von 11 bis 13 Uhr), die Duhner Kapelle für Andachten und stille Gebete unter Aufsicht zu betreten. In Zusammenarbeit mit den
Kurpastoren kann dieses Angebot ab Dienstag, 07. Juli 2020 ausgeweitet werden. Dann ist es zusätzlich möglich, die Duhner Kapelle Dienstag bis Sonnabend von 17 bis 19 Uhr zu betreten.
„Es ist schwer, für uns als Kirche und auch als Menschen, die nächste Zukunft zu planen. Alle Planungen können jederzeit wieder hinfällig werden und unter neuen Regelungen neu betrachtet werden.
Aber jeder von uns versucht sein Möglichstes, um den Menschen, ganz gleich woher sie zur Urlauberkirche kommen, so viel Nähe, Begegnung und auch ein Stück weit Normalität zu ermöglichen, auch
wenn vieles davon wohl insgesamt neu betrachtet und definiert werden muss“, hält Pastorin Selmayr fest.
Auch das Team von „Kirche unterwegs“ muss sich in diesem Sommer neu organisieren. Aus Platzgründen können die dauerhaften Zelte auf den Campingplätzen in Sahlenburg und Otterndorf nicht aufgebaut
werden. Stattdessen fährt das Team mit einem Mobil durch Norddeutschland und bietet Bastelmaterialien und –arbeiten für die Kinder an. „Kirche unterwegs“ ist ein Angebot des Haus kirchlicher
Dienste innerhalb der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover.
Evangelische Zeitung am Sonntag 19.04.2020
"Neues Leben
kann erwachen"
Urlauberpastorin Maike Selmayr aus Cuxhaven
spricht über die Bedingungen ihrer Arbeit
Cuxhaven. Die Einschränkungen rund um die Corona-Pandemie betreffen auch das Leben der Urlauberpastorin Maike Selmayr in Cuxhaven – beruflich wie persönlich. Für die Theologin sind es Wochen der
Unsicherheit, aber auch der Hoffnung, dass bald wieder eine Rückkehr zu einem (halbwegs) normalen Leben möglich ist, wozu dann auch hoffentlich wieder die Urlauber an der Elbmündung und der
Nordsee zählen. Von Hans-Christian Roestel
Hans-Christian
Roestel: Frau Selmayr, vorab die wichtigste Frage: Wie geht es Ihnen? Wie schwer treffen Sie derzeit die Einschränkungen?
Maike Selmayr: Trotz erheblicher Einschränkungen geht es mir gut in diesen Wochen. Da ich als Diabetikerin zur Risikogruppe gehöre, bewege ich mich zum Selbstschutz seit 16. März nur noch in
Wohnung, Büro und Garten. Ich bin dankbar, dass für mich eingekauft wird und habe großen Respekt für alle, die sich bei der Versorgung der Menschen engagieren. Arbeit gibt es aber auch für mich
genug, die ich vom PC und Telefon aus erledigen kann. Täglich laufe ich im Garten meine 6000 Schritte und genieße die herrliche Frühlingsblüte.
R: Derzeit wäre ja die Feriensaison im Anrollen: Wie lässt sich Urlauberseelsorge derzeit praktizieren, denn Sie müssen ja trotz Krisenmodus nach vorne
schauen? S: Vieles ist anders
als sonst! Straßen, Quartiere und Strände sind leergefegt. Die Urlauberkapelle verwaist. Umso mehr praktiziere ich andere Formen, um mit meiner Urlaubergemeinde in Kontakt zu bleiben. Urlauber
rufen an, schicken Briefe, schreiben Mails, bestellen Andachtshefte oder geben Rückmeldung zu meinem wachsenden digitalen Angebot auf meiner Homepage: www.urlauberseelsorge-cuxhaven.net.
R: Sie sind ja mit einer Viertelstelle auch Gemeindepastorin. Welche Auswirkungen stellen Sie hier fest?
S: Das Gemeindeleben steht still in einer Zeit, in der wir die volle Pfarrstelle der Martinsgemeinde neu besetzen möchten. Die bange Frage ist: Wer wird sich in der Coronazeit zum 1. Juli
bewerben? Dabei ist diese Pfarrstelle ein Traum: Da leben, wo andere Urlaub machen! Und das Kollegenteam der verbundenen Innenstadtgemeinden ist bestens aufgestellt. Didital entsteht hier in
diesen Tagen viel und zu Ostern haben wir etwa 5000 Postkarten verschickt, damit auch ältere Gemeindeglieder mit der Osterbotschaft erreicht werden, die kein Internet haben.
R: Apropos: Ostern, neben Weihnachten eines der wichtigsten christlichen Feste, feiern wir in diesen Tagen – Pfingsten steht
in wenigen Wochen vor der Tür: Sie haben hierzu auf Ihrer Seelsorge-Homepage digital schon einiges produziert. Planen Sie weitere Projekte in dieser Art?
Solange wir uns vor Ort nicht versammeln können, nutze
ich die Möglichkeiten, die ich als Einzelperson über Handyaufnahme in meinem Büro habe. So konnte ich als erstes Video die Lesung der Passionsgeschichte aufnehmen. Es folgte die Osternachtfeier
und die Podcasts „Osterferiengrüße an Tommy & Feli“ für die Freunde der Gute-Nacht-Geschichten. Ich bin selber gespannt, wozu mich der pfingstliche Geist noch inspirieren wird. Jedenfalls
kann ich auf diese kreative Weise meine Urlaubergemeinde erreichen, auch wenn sie nicht anreisen kann.
R: Das „Wort" ist ja theologisch gesehen Botschaft und Werkzeug zugleich. Wie sehr können digitale Angebote hier das
Persönliche in der Seelsorge oder des (christlichen) Miteinanders ersetzen?
S: Das Internet ermöglicht viel: voneinander lesen, hören, miteinander chatten, beten oder sich sogar sehen beim Skypen – ohne Ansteckungsrisiko! Das kann im Einzelfall sogar persönlicher sein
als die Begegnung vor Ort. Leider nutzen aber nicht alle das Internet.
R: Sehen Sie hier auch Gefahren, sollte die Zeit der Distanz noch wesentlich länger anhalten?
S: Internetnutzung und Telefonate ersetzen nicht das
Zusammenkommen der Gemeinde vor Ort, nicht den Händedruck oder die tröstende Umarmung. Die Teilnahme am Abendmahl oder die Segnung mit Handauflegung ist digital nicht möglich. Das Internet ist
also eine segensreiche Notlösung, solange die Not da ist. Danach weiß manch einer vermutlich mehr zu schätzen, was bisher selbstverständlich war: gemeinsam Kirche sein.
R: Was macht ihr Angebot der Urlauberseelsorge aus, worauf lohnt es sich für die Menschen sich zu freuen? S:
Auf ein liebevoll gestaltetes Sommerprogramm mit rund 1000 Veranstaltungsangeboten. Es steht schon auf der Homepage. Es kann beginnen, sobald Urlauber wieder anreisen dürfen und Versammlungen
erlaubt sind.
R: Was lässt Sie auf eine baldige und so offen wie mögliche Rückkehr zu einem normalen Alltag mit Urlauberverkehr in Cuxhaven
und der Region hoffen? S: Konkret die Osterkerze 2020 auf meinem Schreibtisch. Ihr Licht verkündet, dass aus Leiden und Tod neues Leben erwachen kann! Vor allem aber die Gnade
Gottes. Im Zeichen des Regenbogens haben wir sie hier an der Küste oft farbenfroh vor Augen. Unsere Zeit steht in Gottes Händen!
Um des Lebens willen
Cuxhavener Nachrichten und Niederelbezeitung
Betrachtung zum 1. Sonntag nach Ostern 19.04.2020
Pastorin Maike Selmayr, Cuxhaven
Auf diesen Sonntag haben seit Wochen alle gewartet. Der 19.4. war seit dem Shutdown Mitte März das magische Datum, auf das alles zulief, auch in der Kirche. „So
lange!“ habe ich im März gedacht. „Keine Gottesdienste an Ostern!“ Das konnte ich mir kaum vorstellen.
Nun ist der 19.4. und die Welt hat sich für alle verändert. So verändert, dass ich heute sagen kann: „Es ist richtig, die Kontaktsperre und das Versammlungsverbot
weiter fortzusetzen – um des Lebens willen!“ Natürlich vermisse ich die Gottesdienste in unseren Kirchen: Das gemeinsame Singen, die Gemeinde, mit der ich Gottes Wort teilen kann von Angesicht zu
Angesicht, das Händeschütteln, die tröstende Umarmung, die Feier des Abendmahles! Doch ich habe die österliche Erfahrung machen dürfen in diesen Tagen, dass es über das Internet fruchtbare Wege
gibt, Menschen zu erreichen mit der frohen Botschaft. Die Rückmeldungen zeigen: Es sind zum Teil sogar andere Menschen, die sich Gottesdienstvideos aus Cuxhaven ansehen und Andachten als Podcast
anhören. Der Vorteil: Digitale Beiträge können zu jeder Zeit aufgerufen werden, eben dann, wenn es den Menschen passt – auch der Krankenschwester, die nach der Schicht auf der Corona-Station
erschöpft nach Hause kommt und sich die Andacht vor den Einschlafen anhört. So haben sie eine größere Reichweite als Andachten vor Ort, zu denen nur eine Handvoll Teilnehmer kommen. Allerdings:
Was einmal online gestellt ist, das ist dann auch sehr öffentlich. Da muss ich mir noch genauer als sonst überlegen, was ich sage und wie ich es sage. Das macht Arbeit und Freude, ist kreativ und
lässt mein Büro zum Aufnahmestudio werden.
Als Urlauberpastorin kann ich so meine abwesende Urlaubergemeinde trotzdem erreichen an ihren Heimatorten in ganz Deutschland! Stammgäste haben sich gefreut, durch
meine Ostergrüße doch ein wenig Cuxhaven-Atmosphäre einatmen zu können, nicht ganz verzichten zu müssen auf das, was ihnen lieb geworden ist: Die Feier der Osternacht, Osterandachten und die
Gute-Nacht-Geschichten in der Duhner Urlauberkapelle. So sind wir trotz der räumlichen Trennung verbunden in dem, was uns gemeinsam wichtig ist: Die Hoffnung, dass Gott aus allem, auch aus der
Coronapandemie, etwas Gutes wachsen lassen kann. Paulus formuliert es so: „Wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“
(Römer 8,28).
epd-Meldung - Nachricht01. August 2019
Urlauberkirchen am Meer begeistern Touristen als spirituelle Orte der Ruhe und Besinnung
Sonne, Strand und Segen: Wenn der Urlaub anbricht, bleibt Zeit zum Nachdenken. Die Gedanken kreisen. Dankbarkeit, aber auch Trauer, Ängste und Sorgen können hoch kommen. Die Urlauberkapelle in
Cuxhaven ist ein Ort, um sie zur Sprache zu bringen, um loslassen zu können.
Die evangelische Urlauberpastorin Maike Selmayr segnet am 27.07.2019 in der Urlauberkapelle in Cuxhaven-Duhnen Familie Heinemann, die seit 15 Jahren nach
Cuxhaven in den Urlaub kommt und für die die Kapelle eigenen Worten zufolge ein zweites Zuhause geworden ist. Foto: Dieter Sell (epd-Bild)
Cuxhaven/Schillig. Über der Urlauberkapelle in Cuxhaven-Duhnen wölbt sich ein blauer Himmel, der an diesem Tag nicht strahlender sein könnte. Am Fuß des
Glockenturms fiebert die Hochzeitsgesellschaft dem Moment entgegen, den Braut und Bräutigam bestimmen. Dann geben Nathalie Kulmsee und Ulrich Wellmann das Zeichen - über den Köpfen steigen
weiße Ballons in den Himmel, begleitet von einem roten Herzen. Kurz zuvor hat sich das Urlauberpaar das Ja-Wort gegeben. Sie mit einem Brautstrauß aus Muscheln, er mit einem Seestern am
Revers. Und ganz bewusst in der Urlauberkapelle, die an der Nordseeküste einzigartig ist.
"Ich kenne Cuxhaven von Kindesbeinen an, ich habe hier oft Urlaub gemacht", sagt Nathalie Kulmsee. "Die Weite über dem Wasser, die Wellen, der Horizont, die
Natur - das passt zu uns", schwärmt sie von dem Nordseeheilbad, das die Erzieherin aus Unna mit ihrem nun frisch angetrauten Ehemann seit vielen Jahren besucht.
Und die Urlauberkapelle steht eben nur ein paar Schritte vom Duhner Strand entfernt, der den Blick freigibt auf Wattenmeer und Ozeanriesen, die von und nach
Hamburg kommend Cuxhaven passieren - mit jährlich rund 3,8 Millionen Übernachtungen einer der touristischen Hotspots an der Küste. Die Kapelle ist gleichzeitig das älteste Gebäude im Ort,
1860 als Scheune erbaut.
Das sieht man dem Haus auch an, denn der Gottesdienstraum erinnert an eine Bauerndiele. 1952 wurde das Gebäude von der evangelischen Kirche gekauft und ist
mittlerweile ohne Ortsgemeinde ganz und gar der Urlauberseelsorge gewidmet - als einzige Kirche an der Nordsee zwischen den Niederlanden und Dänemark. Sie ist ganzjährig von 10 bis 18 Uhr
geöffnet und bietet auch im größten Trubel der Hochsaison einen Ort der Stille. In nächster Zeit soll sie saniert und erweitert werden.
"Die Kapelle ist ein Magnet für Touristen", hat die evangelische Urlauberseelsorgerin Maike Selmayr erfahren. "Draußen tobt das Leben, drinnen öffnet sich ein
Ruheraum", beschreibt die Pastorin den Ort, an dem sie seit sechs Jahren arbeitet. Sie führt zwar kein Buch über die Zahl der Gäste, die in die Kapelle kommen. Doch die Kerzen, die Besucher
im vergangenen Jahr in ein hölzernes Segens-Schiffchen namens "Hoffnung" gestellt haben, gibt einen Hinweis: "Es waren 20.000 - und auch in diesem Jahr werden es wieder viele."
Oft kommen Besucher zu Beginn ihres Urlaubs in die Kapelle und zünden eine Kerze nach einer guten Anreise an, am Ende des Urlaubs nicht selten verbunden mit
einem Dank für eine erholsame Zeit. Dazwischen können Gäste in der Kapelle an Gottesdiensten, Vorträgen, Konzerten und geistlichen Lesungen teilnehmen, die im Programm unter anderem als
"Kraftquelle" oder als "Nahrung für Herz und Hirn" auftauchen. "Besonders beliebt sind allabendlich die Gute-Nacht-Geschichten für Kinder, Eltern und Großeltern", ergänzt Selmayr.
Teils seitenweise vertrauen sich Besucher dem Gästebuch an, bitten Gott unter dem Dach der Kapelle um Gesundheit, einen Arbeitsplatz, danken für langjähriges
Eheglück, formulieren sogar Liebesbriefe. Mehrfach wird die Kapelle als "Zufluchtsort für die Seele" beschrieben.
"Wenn ich diesen Raum betrete, fallen alle Sorgen von mir ab", hat Stefanie notiert. Jesse dankt, "dass man in der Urlaubshektik hier Luft holen kann". Ohne
einen Namen steht ein paar Seiten weiter der Satz: "Gott, lass diesen Urlaub gut werden, gib, dass ich Ruhe finden kann und Frieden." Ein anderer hat offensichtlich in höchster Not
geschrieben: "Hilf mir Gott - oder ich mache Schluss."
"Wenn der Alltag in den Hintergrund rückt, bleibt Zeit zum Nachdenken, die Gedanken kreisen", meint Selmayr. "Dann können Dankbarkeit hochkommen, aber auch
Trauer, Ängste und Sorgen - die Kapelle ist der richtige Ort, dies alles vor Gott zu bringen", betont die Seelsorgerin. Eine ähnliche Erfahrung macht ihr katholischer Kollege Lars-Jörg Bratke
in der "Kirche am Meer" in Schillig oberhalb von Wilhelmshaven, zu der anders als in Duhnen eine Ortsgemeinde gehört. Er spricht von "Seelenproviant", den die Urlauberkirchen bereit
hielten.
Segnungen, die Hand verbunden mit einem biblischen Wort auflegen - sie spielen nach den Erfahrungen von Maike Selmayr dabei eine zentrale Rolle. Das gilt für
einzelne Besucher genauso wie für Paare und Familien wie Friedhelm, Silke und Lea Heinemann, die an diesem Nachmittag zusammen mit den Brautleuten in einem Segenskreis stehen.
"Segen bedeutet für uns Stärkung", sagt Vater Heinemann, der mit seiner Familie aus dem Oberbergischen Land angereist ist - wie schon seit 15 Jahren. Er sieht
eine direkte Verbindung zur Kapelle als Raum: "Hier kann man abgeben, hier weht der Geist Gottes." Und Silke Heinemann bekräftigt: "Wenn ich in die Kapelle komme, habe ich das Gefühl, ich
komme nach Hause."
Manchmal bitten Gottesdienstbesucher Selmayr noch am Ausgang, dass sie spontan einen Segen spendet. Vielleicht war es ein solcher Segen, verbunden mit Sonne und
Strand, der eine Urlauberin später ins Gästebuch schreiben ließ: "Meine Seele hat Flügel bekommen. Es war wunderschön."
epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen Dieter Sell
epd-Meldung im Juli 2018
Urlauberseelsorgerin hilft
bei Krisen und Konflikten
Foto: epd-bild/Dieter
Sell
Regelmäßig feiert
Urlauberseelsorgerin Maike Selmayr eine abendliche Strandandacht.
Maike
Selmayr organisiert als Urlaubspastorin in Cuxhaven vor allem in der Ferienzeit Andachten, Gottesdienste, und Musikangebote für die Feriengäste sowie Gute-Nacht-Geschichten für die Kinder. Und
Maike Selmayr ist natürlich auch als Seelsorgerin für die Menschen da.
Gerade
"die schönste Zeit des Jahres" ist nach den Erfahrungen der evangelischen Urlauberseelsorgerin Maike Selmayr für einige Erholungssuchende mit Belastungen verbunden. Während die einen zur Ruhe
kommen könnten, fielen andere in der Stille plötzlich in ein Loch, sagte Selmayr dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Sie merken dann: Die Sorgen habe ich leider nicht zu Hause gelassen, sie
holen mich am Urlaubsort ein." Enttäuschung komme dann auch auf, weil sich die Erholung nicht einstelle. Im Gegenteil: "Ich merke, da muss ich selber erst mal an mir arbeiten. Oder Trauer kommt
hoch, weil man jemanden verloren hat."
Das gelte
längst nicht für jeden, aber in besonderem Maße für Menschen, die aus einer Belastungssituation kämen oder bei denen am Urlaubsort ein lange verdeckter Konflikt aufbreche. Oft gehe es um den
Verlust eines geliebten Menschen, um Stress in der Beziehung oder in der Familie. Viele seien hilflos, wenn sie sich beispielsweise mit dem Partner oder den Kindern wieder versöhnen wollten. Dann
kämen am Urlaubsort die Fragen hoch: "Wie gehe ich damit um, wenn ich in einer Beziehung scheitere? Wie kann ich mir und dem anderen vergeben? Wie kann ich sagen: Es tut mir leid?"
In
Andachten der Urlauberseelsorge gebe sie dazu Impulse und stehe auch zu persönlichen Gesprächen zur Verfügung. So habe sie vor kurzem mit einer Urlauberin über die schwere Krankheit einer
Freundin und den Tod eines anderen Freundes gesprochen. "Da war es gut, dass sie rauslassen konnte, was sie bedrückt." Das wolle im Alltag selten jemand hören. "Menschen bleiben gerade mit
belastenden seelischen Eindrücken oft alleine."
Es gehe
dann nicht um Ratschläge, betonte Selmayr. "Hinhören ist gefragt. Ehrlich hinschauen: Wo fehlt es an Liebe zu anderen, zu Gott oder auch zu mir selbst? Manchmal hilft es schon, wenn jemand
einfühlsam zuhört und sagt, was er dazu denkt." Dabei könne es wichtig sein, dass sie als Urlauberseelsorgerin eine anonymere Gesprächspartnerin sei als der Gemeindepastor zu Hause. "Nicht jeder
möchte, dass der andere genau weiß, wie es in seiner Seele ausschaut." Auch bei anderen Angeboten kämen oft Gäste, die sonst keine Kirche besuchten. Besonders beliebt seien Strandandachten unter
freiem Himmel.
Selmayr
studierte nach dem Abitur in Lüneburg Betriebswirtschaft verbunden mit Angewandten Kulturwissenschaften und beschäftigte sich dabei auch mit Tourismusmanagement. Später studierte sie in Bethel,
Münster, Jerusalem und Göttingen Theologie. Nach einem Vikariat in Emden und fünf Jahren als Pilgerpastorin in Loccum war sie Gemeindepastorin in Selsingen, bevor sie nach Cuxhaven
kam.
„Schauen, dass nichts Jesus die Show
stiehlt“
Interview in der Evangelische
Zeitung am Sonntag 12.November 2017
von Hans-Christian Roestel
Urlauberseelsorgerin Maike Selmayr aus Cuxhaven im Gespräch über die
schönen und anspruchsvollen Facetten ihres Berufs.
Seit vier Jahren ist Pastorin Maike Selmayr Urlauberseelsorgerin im Kirchenkreis Cuxhaven-Hadeln
an der Nordseeküste. Zum Ende der Hochsaison Grund genug, mit ihr über das zu Ende gehende Jahr und das bisher Erreichte, aber auch Wünsche für die Zukunft zu sprechen.
Roestel: Auch wenn der Sommer in diesem Jahr eher durchwachsen war – wie fällt als Pastorin
in der Urlauberseelsorge Ihr Fazit aus?
Selmayr: Es war ein fruchtbarer Sommer, auch wenn viele
Freiluftangebote verregnet waren. Im Vordergrund stand das Reformationsjubiläum. Jeder Gast sollte dazu eine Veranstaltung in der Woche besuchen können. So gab es eine Lutherpredigtreihe und
Dialoge über „Grundbegriffe der Reformation“ oder die Frage, was „Reformation heute“ ausmacht. Für die Urlauber ist dabei die Begegnung mit Kurpastoren und ihrer Themenvielfalt spannend. Sie
kommen aus ganz Deutschland und sind für zwei bis vier Wochen im Amt. Auch die Gute-Nacht-Geschichte wird von ihnen erzählt. Sie hat hier die längste Tradition. Erstmals hat ein pensionierter
Lehrer ein „Offenes Singen“ ausprobiert. Da sind oft bis zu 50 Gäste dabei! Das ist im Moment der Renner!
Jetzt, da die Urlaubssaison fast dem Ende
entgegen geht: Wie sieht Ihre Arbeit in der Urlaubsseelsorge in den kommenden Monaten aus?
Im Grunde genauso wie im Sommer! Ich lade auch in der ruhigen
Jahreszeit jeden Tag zu einer Veranstaltung ein – auch wenn hier viele Hotels zu sind oder renovieren. Die Duhner Urlauberkapelle am Robert-Dohrmann-Platz ist das Herzstück der Urlauberseelsorge
im Kirchenkreis Cuxhaven-Hadeln. Die ehemalige Scheune ist den ganzen Tag offen. Es brennt dort immer eine Kerze. Die heimelige Atmosphäre möchte einen Raum der Begegnung schaffen. Dazu trägt
auch die Querflöte bei, die ich bei Andachten spiele. Sie gehört zu mir ebenso wie das Singen. Musik spricht Emotionen an. Das hilft, dass Gott bei den Menschen ankommen kann. Darum geht es zu
allen Jahreszeiten.
Was macht Urlauberseelsorge im Wesentlichen aus, was zählt zum
Besonderen?
Das Wort Gottes draußen an der frischen Luft zu erleben. Im Juli und
August halte ich daher jeden Sonntagabend um 20.30 Uhr an der Kugelbake eine Strandandacht manchmal auch mit Taufe im Meerwasser. Da kommen in der Regel zwischen 20 und 60 Gäste – je nach Wetter.
Dabei ist der Aufwand der gleiche, ob jemand kommt oder nicht. Drei Freiluftgottesdienste im Sommer waren ein besonderes Erlebnis für alle, die ausgehalten haben. Bei heftigen Regenschauern und
Sturmböen versammelt im Glauben, das schweißt zusammen… Ja, es ist ein Wagnis, draußen das Wort Gottes zu verkünden im Umfeld all der Einflüsse, die ablenken könnten – zu schauen, dass nichts
Jesus die Show stiehlt!
Welche Herausforderungen hat die Seelsorge am
Feriengast noch?
Die Urlauberseelsorge ist am Urlaubsort eine „Anbieterin“ unter vielen.
Sehr am Herzen liegt mir eine gute Zusammenarbeit mit Kurverwaltung, Hotellerie, Gastronomie und Einzelhandel. Ihre Angebotspalette möchte ich sinnvoll ergänzen. Die Urlauberkapelle liegt ja
mitten im Trubel! Hier finden Menschen Entschleunigung und einen Ruhepol – eben „Sorge für die Seele“. Und das wird angenommen! Gerade habe ich die 20 000 vollgemacht – so viele Gebetskerzen sind
übers Jahr in der Kapelle angezündet worden. Doch Urlauberseelsorge findet im ganzen Kirchenkreis statt. Im Sommer bin ich viel unterwegs und nutze das Raumangebot der eindrucksvollen Kirchen für
meine Veranstaltungen. Mit einer 25% Stelle bin ich außerdem Pastorin an der Martinskirche in der Innenstadt von Cuxhaven und lade hier Einheimische und Urlauber gerne zu Konzerten im Kirchraum
ein. Da musizieren meist Laien aus der Gegend – Kirchenmitglieder für Kirchenmitglieder, wenn Sie so wollen! Da sind Gospels ebenso zu hören wie „Best of classic“ oder Jazz. Der Gedanke ist das
Miteinander, ein sich gegenseitiges Beschenken. Da findet Gemeindeaufbau statt vor Ort und am Urlaubsort.
Wie kommt man an diese nicht alltägliche pastorale
Stelle?
Schon meine erste Pfarrstelle war eine übergemeindliche. Ich wurde im Kloster Loccum als erste evangelische Pilgerpastorin ordiniert. „Kirche am anderen Ort“ hat für mich einen besonderen Reiz, weil Menschen hier für
Gott anders aufgeschlossen sind. Auch spielt die Kombination meiner drei Abschlüsse eine wichtige Rolle: Zuerst habe ich Betriebswirtschaft und Angewandte Kulturwissenschaften studiert, später
noch Theologie. Der Charakter von Pionierarbeit begleitet mich. Wie schon als Pilgerpastorin finanziere ich auch hier in Cuxhaven alle Angebote aus Spenden und Zuschüssen, denn die
Urlauberseelsorge verfügt – da sie keine Kirchengemeinde im klassischen Sinne ist - über einen Sachkostenetat von Null. Doch ich hatte von Anfang an
die Vision, dass es für Urlauberseelsorge im größten Nordseeheilbad Deutschlands ein Nachfragepotential gibt. Daraus ist ein Konzept entstanden, das einerseits auf Wirtschaftlichkeit achten muss,
andererseits zu geistlicher Tiefe in der Begegnung mit der Urlauber-„Gemeinde“ führt.
Und was hat Sie in die Urlauberseelsorge an der
Nordseeküste geführt?
Aufgewachsen bin ich in Karlsruhe. Doch Familienurlaube an der Nordsee
mussten sein! Ich träumte davon, Kurdirektorin auf einer Nordseeinsel zu werden oder Managerin des Schleswig-Holstein-Musikfestivals. Die erste Studienzeit führte mich in den Norden nach
Lüneburg. Dort war ich Kirchenvorsteherin und Lektorin in der Martin-Luther-Gemeinde. Ihr widmete ich meine Examensarbeit über „Marketing in der Kirche“, bevor ich beschloss, doch noch Pastorin
zu werden. Beim Vikariat in Emden haben die Menschen am Deich mein Herz berührt. Als Selsinger Pastorin habe ich meine freien Tage in Cuxhaven verbracht. Urlauberseelsorge an der Nordseeküste –
das ist „meine“ Berufung! Die Weite von Himmel, Erde, Luft und Meer lässt mich atmen, Gottes Liebe spüren und aus seiner Fülle schöpfen. Dazu die kulturelle und landschaftliche Vielfalt des
Kirchenkreises Cuxhaven-Hadeln, das ist doch wirklich vermarktungswürdig, wenn man so sagen möchte…
Lassen wir zum Schluss einmal den Blick schweifen
über die Elbmündung Richtung offenes Meer: wo liegen für Sie die nächsten Ziele oder Träume?
Ich bete, dass Urlauberseelsorge Segen bringt und sich weiterentwickeln
darf. Dazu brauchen die Urlauber die Kapelle als Zentrum. Sie ist das älteste Gebäude in Duhnen, von allen geliebt, aber hochgradig sanierungsbedürftig. Es liegt mir sehr am Herzen, diesen
Standort in die Zukunft zu bringen und ihn für die kommenden Generationen einer Urlaubergemeinde zu reformieren.
SEELSORGE ZWISCHEN STRANDKORB UND WATTWAGEN
Nachricht Cuxhaven, 15.
August 2016
Die
evangelische Pastorin Maike Selmayr begleitet Urlauber im Nordseebad
Cuxhaven (epd). In der
aufkommenden Dämmerung schiebt sich ein gewaltiger Containerfrachter an der Cuxhavener Kugelbake vorbei. Zeit für Urlauberseelsorgerin Maike Selmayr, etwas weiter
unten am Strand ein hölzernes Kreuz aufzustellen. Regelmäßig feiert sie hier am Wahrzeichen der Stadt Cuxhaven und am nördlichsten Punkt Niedersachsens eine
abendliche Strandandacht, zu der Urlauber sogar bei Orkanböen kommen. Es gibt in ihrer Arbeit auch Momente, in denen Feriengäste wegen einer Krise vor allem das
Gespräch suchen.
Heute Abend aber ist
etwas Besonderes zu feiern: Eine Urlauberin will sich von Selmayr im Meer taufen lassen. Sie habe hier schon als Kind Ferien gemacht, erzählt die 42-jährige
Berlinerin Jana Westen. "Und die Kugelbake war für mich immer ein Ort, zu dem man hinlaufen muss, um einen weiten Blick zu bekommen und über sich
nachzudenken."
Zu sich kommen - dazu
will auch die evangelische Pastorin Selmayr mit ihrer Abendandacht unter dem weiten Himmel der Nordsee beitragen. Gerade spielt sie für die spontan versammelte
Urlaubergemeinde und den "Täufling" auf der Querflöte. Die Gruppe nimmt die Berlinerin im weißen Taufkleid in ihre Mitte und streckt segnend die Arme. "Durch
Sonnentage, Stürme und durch Regen hält der Schöpfer über Dir die Wacht", singen sie an dem Ort, der den Blick über das Watt bis zum Horizont freigibt.
Seit drei Jahren
arbeitet Selmayr als Urlaubsseelsorgerin in Cuxhaven, dem mit rund 3,5 Millionen Übernachtungen größten Nordseeheilbad Deutschlands. Sie folgt damit wie Jana
Westen einer Kindheitssehnsucht: "Regelmäßig bin ich mit meinen Eltern von Karlsruhe aus im Urlaub an die Nordsee gefahren. Hier bekam ich Luft, hier wehte immer
ein frischer Wind. Ich schaute übers Meer und war glücklich."
In diesen Wochen sind
es insbesondere Gäste aus Nordrhein-Westfalen und Süddeutschland, die wohl ähnlich empfinden und sich am zehn Kilometer langen Strand zwischen Cuxhaven und den
Ortsteilen Duhnen, Döse und Sahlenburg tummeln. Urlaub - das ist Sehnsucht nach Freiheit, Neues erleben, weit weg von Pflichten und Terminen.
Selmayr lädt dazu ein,
neben dem Sonnenbad im Strandkorb und Ausflügen im Wattwagen auch in der Kirche Abstand vom Alltag zu gewinnen. Rund 500 Veranstaltungen organisiert sie im Jahr,
"Gutenachtgeschichten" und die Strandandachten sind besonders beliebt. "Hier kann man alles hinter sich lassen und im Watt auf dem Meeresboden das Leben spüren",
sagt die Pastorin. "Was uns im Alltag so groß erscheint, relativiert sich hier angesichts der Schöpfung."
Mit ihr sind in diesem
Jahr Hunderte Haupt- und Ehrenamtliche für die Kirche im Tourismus zwischen Nordseeküste und Alpengipfeln unterwegs. Urlaubsseelsorger der Evangelischen Kirche in
Deutschland (EKD) arbeiten überdies an mehr als 70 Orten in ganz Europa. "Wir sind auch auf Kreuzfahrtschiffen präsent - und da gibt es einen ganz besonders hohen
Bedarf", sagt Oberkirchenrat Michael Schneider, der für die Urlaubsseelsorge der EKD verantwortlich ist. "Sorgen und Nöte aus dem Alltag begleiten die Menschen
eben bis in den Urlaub - und auf dem Schiff gibt es keine Möglichkeit, dem zu entfliehen."
Es sind oft Ältere,
die erst kürzlich ihren Partner verloren haben und nun das Gespräch mit dem Seelsorger suchen. Das kennt auch Maike Selmayr. "Wenn der Alltag in den Hintergrund
rückt, bleibt Zeit zum Nachdenken. Dann kommen Trauer, Ängste und Sorgen hoch. Oder Eheprobleme beispielsweise nach einem Seitensprung". Manchmal reicht es schon,
dass die Ferienwohnung nicht passt oder es drei Tage lang regnet - "dann kann es richtig knallen".
Es sind nicht wenige,
die dann Selmayr ihr Herz ausschütten. "Da hilft die Anonymität am Urlaubsort", ist die 43-jährige Theologin und ehemalige Pilger-Pastorin der hannoverschen
Landeskirche überzeugt. "Manchmal scheint es leichter, mit jemandem zu reden, der im Alltag weit weg ist."
Doch an diesem Abend
am Strand der Grimmershörner Bucht vor Cuxhaven scheinen alle Sorgen weit weg. Durchweg lachende Gesichter begleiten die Berlinerin Jana Westen bei ihrer Taufe am
Meer, wildfremde Menschen kommen mit Glück- und Segenswünschen auf sie zu. "So etwas habe ich noch nie erlebt", sagt Westen gerührt.
Damit Urlauber wie in
Cuxhaven Angebote der Kirche annehmen, brauche es eine "Willkommenskultur", sagt EKD-Experte Schneider: "Das beginnt bei offenen Kirchentüren und führt über
frische Blumen auf dem Altar und einer unkomplizierten Liturgie im Gottesdienst bis zu den Fürbitten, in die die Gäste eingeschlossen sind".
In der Kapelle der
Urlaubsseelsorge am Dohrmannplatz in Cuxhaven-Duhnen können Gäste neben dem Altar Kerzen anzünden, wer will, trägt sich ins Gästebuch ein. Am einfachsten aber
bleibt der Kontakt bei Freiluftgottesdiensten, sagt Maike Selmayr: "Da muss man keine Schwelle überwinden". Jana Westen jedenfalls hat vor allem der persönliche
Kontakt und die offene Art der Urlaubsseelsorgerin überzeugt: "Sie hat mein Herz bewegt." (1011/11.08.16)